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2023 -
(Kaufmännischer Verband Bern, Blog zum Thema: Der Arbeitnehmende der Zukunft)
Herzlichen Glückwunsch, ich kann noch schreiben und ihr könnt noch lesen, ergo haben wir alle den 21. Dezember 2012 überstanden. Die Welt ist nicht untergegangen und weil sich auch die Götter noch nicht zu einer Rückkehr durchringen konnten, widmen wir uns heute dem Thema „Der Arbeitnehmende der Zukunft" wie mir vom KV Bern aufgetragen wurde.
Im Titel erkennen ältere Leser die sanfte Persiflage zum Film „2022 -
Wie sieht er/sie denn nun aus, der/die Arbeitnehmende in 10, 15 oder 20 Jahren? Wie viel Robotik verträgt die Arbeitswelt? Wie viel Human Power wird durch Automatisierung an den Rand gedrängt? Halten wir stur an Fünftage-
Passabene? Subito? Nie gehört oder nur noch nicht? Aah, Moment mal, da war doch was mit Kasse und Vereinfachung, gute Sache, gell? Genau liebe Leute, unsere Detailhandelsmultis träumen davon ihre Kassierer/innen samt und sonders wegzuautomatisieren. Dabei wird alles an den hochgeschätzten Konsumenten delegiert und der findet das Ganze noch sowas von supermodern, ohne zu merken, dass er, mit seinem Trendy-
Nun will ich hier nicht profanes Einzelhandelsbashing betreiben, sonst wäre ich kein M besser als ein querulierender Cumulus-
Der Arbeitsmarkt der Zukunft lässt sich ganz simpel mit zwei Zauberworten umschreiben: Demografischer Wandel und Geduld. Doch der Reihe nach, um es zu begreifen muss erst ein Blick auf das Heute geworfen werden. Was geht denn auf dem aktuellen nationalen und europäischen Arbeitsmarkt ab? Richtig, kontinentale Rekordarbeitslosigkeit, einhergehend mit dem Phänomen einer, absurd hohen, Jugendarbeitslosigkeit. Diese hat inzwischen auch die Schweiz erreicht und wir stehen ihr völlig ratlos gegenüber. Wir mögen zwar mit 3.5 Prozent noch verhältnismässig gut dastehen im Vergleich zum Euroraum, denn da pendelt sie zwischen 7 bis 48 Prozent und erreicht im Mittel knapp 24 Prozent. In diesen Zahlen steckt das wahre Dynamit, ein Schreckgespenst sondergleichen, ein Nord/Südgefälle und im eigenen Land tut sich ein Romandie/Deutschschweiz-
So erleben wir den Arbeitsmarkt der Gegenwart in der Schweiz und auch in allen anderen Industrieländern. Aber aufgepasst, das wird nicht so bleiben und jetzt greift das erste Zauberwort ins Geschehen ein; der Demografische Wandel. Der kommt, so sicher wie das Amen in der Kirche und er kommt schneller und heftiger als wir es uns vorstellen können. Das hat Claude Koehl in ihren Blogs „Demografie-
An dieser Stelle ist es an der Zeit für das zweite Zauberwort: Geduld. Nur in Kombination können Geduld und Demografischer Wandel ihre Wirkung auf den Arbeitsmarkt der Zukunft entfalten. Und wie sieht das in der Praxis aus? Nun, der Demografische Wandel wird in etwa 10 Jahren anfangen zu wirken, in 15 Jahren wird er schon kräftig spürbar sein und in 20 Jahren schlägt er voll ein. In 20 Jahren werden auch die letzten Babyboomer in Rente gehen und der Pillenknick entfaltet seine verspätete, Generationen überbrückende, Wirkung. In 15 Jahren wird es keine Jugendarbeitslosigkeit mehr geben, weil es gar keine Jugend mehr gibt, die arbeitslos sein kann. Es ist wie mit einem grossen Fluss der langsam zum Rinnsal schrumpft, weil es in den Bergen zu wenig regnet. Dann wird das Wasser, welches jetzt zu millionen Litern, ungenutzt und im Überfluss ins Meer abfliesst, zum wertvollen, alles entscheidenden Gut. Was unten an Jungen nicht nachkommt, kann sich oben nicht breitmachen, so einfach ist das.
Dasselbe gilt für die unsägliche 50+ Problematik, auch die wird sich dereinst in Luft auflösen. In 15 Jahren sind alle heutigen +50ger weg vom Markt, eine riesige Menge an Human Resources die in Rente geschickt wird. In 20 Jahren wird man alles, was sich noch einigermassen auf den klapprigen Beinen halten kann, in den Arbeitsprozess einbinden. Mit Handkuss und Rotem Teppich wird man die ergrauten Helden der Arbeit willkommen heissen, nicht weil man will, sondern weil man muss. Es wird gar keine Intergrations-
Sei’s drum, Arbeitslosigkeit, wie wir sie heute kennen, wird es nicht mehr geben, zumindest nicht in den Industriestaaten der ersten Welt. Auch RAV’s und Sozialämter werden massiv entlastet, weil man sich schon wie ein Elefant im Porzellanladen mit Blindenstock wird anstellen müssen um nicht arbeiten zu können. Das liegt daran, dass es auf der Welt de facto nicht weniger Arbeit geben wird, sondern nur weniger Hände, welche die Arbeit noch verrichten können. Der Händsche het kehrt, wie wir Berner so schön zu sagen pflegen.
Und jetzt, liebe Jungspunde, fangt an zu rechnen: Wer jetzt zwischen 15 und 25 jährig ist, wird in 15 Jahren 30 bis 40 Jahre alt sein. Wer noch jünger ist, wird diese Zeilen kaum jetzt schon zur Kenntnis nehmen, dennoch, der Kindergärteler von heute wird dann 20 sein und die aktuelle Dramatik nur noch vom Hörensagen kennen. Anders ausgedrückt, ihr jungen Menschlein seid im wahrsten Sinn das Gold, die ungeschliffenen Diamanten und der begehrte Rohstoff des Arbeitsmarktes der Zukunft. Man wird sich um euch reissen, ihr werdet euch aussuchen können, was und für wen ihr arbeiten wollt. Alles was ihr braucht ist Geduld und alles was ihr tun müsst ist nicht nachzulassen und euch eine solide Basis für die goldenen Zeiten zu schaffen. Verliert nicht den Mut, auch wenn die nächsten Jahre für viele noch im Sumpf der Unterbeschäftigung feststecken und es nicht immer einfach sein wird Geduld aufzubringen, eure Zeit wird kommen…
Doch leider hat jede Medaille zwei Seiten, so auch diese. Klar ist, der Arbeitsmarkt wird sich dramatisch verändern und diesmal zu euren Gunsten. Ihr werdet zwar alle Arbeit haben und leben wie die Maden im Speck, dafür spuckt die Kristallkugel auch noch ein paar weniger schöne Begleiterscheinungen aus. Euer Rentenalter wird bei 70 Jahren liegen und irgendwann werdet ihr 20 Prozent eures Lohnes an die AHV abliefern, anders wird die Versorgung der Senioren gar nicht machbar sein. Auch das ist Part of the Game und gehört genauso zum Demografischen Wandel, wie die unaufhaltsame Überalterung der Gesellschaft und die hat nun mal ihren Preis. Aber hey, was soll’s, dafür werdet ihr Arbeit haben die euch auch erfüllt. Korn will geerntet, Güter wollen produziert und Dienstleistungen erbracht werden, wenn’s sein muss noch mit Krückstock und Rollator. Und das ist allemal besser als die Millionen zum Nichtstun verdammten, herumlungernden, frustrierten, sich wertlos fühlenden, tickenden Zeitbomben, welche unsere globalisierte Wohlstandsgesellschaft seit Jahren produziert und noch lange produzieren wird. Keinen Job zu haben heisst irgendwann kein Leben mehr zu haben, alles klar?
Nun, für Leute im Alterssandwich, zu denen auch ich gehöre, wird diese Entwicklung ein wenig zu spät kommen. In 20 Jahren werde ich 66 sein und da fängt ja das Leben, gemäss Udo Jürgens, erst richtig an. Dann werde ich, so Gott will, in den Olymp der AHV aufsteigen, ins Nirvana des Seniorentums eintauchen und in Rente gehen. Ich werde es mir nicht nehmen lassen, genüsslich die Schlagzeilen der Zukunft zu lesen. Dabei werde ich mit der Zunge schnalzen, auf dem Balkon ein Gläschen Wein schlürfen und zu mir sagen: Ja, genau so ist es gekommen und es ist gut; gepriesen sei der Demografische Wandel, hallejuah!
Doch bis es soweit ist, werde ich weiterhin meinen Einkauf im Supermarkt selber aufs Band legen und Lieschen Müller wird die Ware, wie immer, über den Scanner ihrer Kasse ziehen. Ich werde sie anlächeln und mir dabei denken, schön dass es dich noch gibt du Perle des Alltags. Sie wird zurücklächeln ohne den Grund meiner Freude zu kennen und sie wird mich auch beim gefühlten sechshundertsechsundsechzigsten Einkauf noch vergeblich fragen: „Händ sie no d Cumuluscharte?"