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Organ(isations)versagen
(Kaufmännischer Verband Bern, Blog zum Thema: Organisationen im Wandel Teil 1)
„Das isch wieder ä Organisation!" Wer kennt ihn nicht, den, mit Händeverrühren und Kopfschütteln vorgetragenen Evergreen altbewährter Holzhammerkritik die, einer Abrissbirne gleich, ihren geballten Eindruck des Nichtgefallens über eine, der eigenen Ansicht nach, nicht gänzlich gelungenen Ausführung, von was auch immer, zum Ausdruck bringt. Aber was beinhaltet dieser verbale Super-
„Organisation im Wandel" lautet die aktuelle Kampagne und was sich auf den ersten Blick ziemlich trocken anhört, kann, bei näherer Betrachtung, durchaus interessante Aspekte aufzeigen. Dem wollen wir nachgehen indem wir Organisation vorab kurz in ihrer Doppeldeutigkeit sezieren. Da gibt es zum Einen die Organisation als Tätigkeit, wenn wir etwas organisieren, zum Beispiel ein Geburifestli, ein Grümpelturnier oder eine ganze Fussball WM. Es gibt nach Oben kein Limit und was wir dabei tun ist eben organisieren. Dinge in geordnete Bahnen lenken, planmässig ordnen, gestalten, aufbauen auf dass sie gelingen mögen, damit der Schreihals oben erst gar nicht zu seinem kritisierenden Rundumschlag ausholen muss.
Zum Anderen gibt es die Organisation als Institution und um die wollen wir uns, dem Thema entsprechend, kümmern. Das können Verbände sein, Clubs, Vereine, ganze Staaten oder weltumspannende Organisationen. Auch hier gibt es nach Oben keine Grenzen und es sei an dieser Stelle erwähnt, wir sind umzingelt von Organisationen. Sie lauern hinter jedem Busch und an jeder Ecke, wir können ihnen nicht entkommen. Wir sind alle, mehr oder weniger bewusst, längst eingespannt und kommen ohne Organisationen gar nicht mehr durchs Leben. Kleines Beispiel gefällig? Okay, du bist Fussballspieler beim FC Hinterfultigen? Süss, das kleine Klübli kann ja nicht so gravierend sein, oder? Mal sehen, der FC Hinterfultigen ist Mitglied beim Kantonalen Verband, und der ist dem SFV, dem Schweizerischen Fussball Verband unterstellt. Der SFV wiederum ist Mitglied der UEFA, dem Europäischen Fussballverband, die UEFA ihrerseits ist Teil der FIFA, dem Weltfussballverband und der bestimmt, nebst sämtlichen Spielregeln, wer beim nächsten Milliardendeal als Austräger einer Fussball-
Ach, du bist kein Fussballer und darum auch nicht in einem FC? Nicht traurig sein, es gibt genug Müsterchen wie auch du ein veritables Victim of Organisations darstellst, ohne es noch gross zu bemerken. Kaninchenzüchter, Turnverein, Jodlerchor, SVP, SP, CVP, FDP oder sonstiges Politschwergewicht? TCS-
Aber ich geb’s zu, auch ich bin Klub-
Vielleicht hast du Lust Pfadfinder zu werden? Weltorganisation des Lord Baden-
Es gibt kleine Organisationen und grosse Organisationen, staatliche und private, mächtige und schmächtige, wichtige und weniger wichtige, harmlose und gefährliche, gierige und gemeinnützige, wirtschaftliche und soziale, ideologische und geheime, politische und kulturelle, sogar verbotene und kriminelle sind im unendlichen Organisationenkosmos zu finden. So, jetzt wissen wir, dass es tausende von Organisationen allein in unserem Land gibt, aber noch nichts über deren Funktionsweise, den Meccano der hinter jeder Organisation steckt und diese letztlich antreibt. Nun, eine institutionelle Organisation an sich ist nichts als leere Luft, ein rein fiktives, inertes Gebilde. Damit eine Organisation wirksam werden kann, braucht sie, welch herrliches Wortspiel, Organe. Die Organe sind die Menschen, die Mitglieder einer Organisation, wie der Politiker für die Partei, der Fussballer für den Klub oder der Bürger für den Staat. Wie unser Körper ist auch die Organisation nur die Hülle für die Organe, ohne die nichts funktioniert. So wie Herz, Niere, Lunge, Leber, Hirn etc. ihre Aufgaben im Körper wahrnehmen, haben auch die Mitglieder einer Organisation ihre bestimmten Funktionen, die das Wirken einer Organisation erst möglich machen. Zu deren Definition werden Organigramme erstellt, damit Jeder weiss, wer für welchen Schlamassel verantwortlich ist.
Die Vielzahl und Vielfältigkeit dieser Gebilde ist riesengross und bei aller Verschiedenheit haben sie doch alle etwas gemeinsam: Jede Organisation dient einem ganz bestimmten Zweck, verfolgt ein Ziel und vertritt damit auch eine, ihr eigene Philosophie. Dabei sind die Grenzen der oben genannten Grundmuster meist fliessend. So kann beispielsweise eine politische Organisation durchaus auch wirtschaftlich sein, eine Kleine gleichzeitig mächtig oder eine Geheime gefährlich und gierig zugleich. Nehmen wir mal an eine Organisation ist verboten, kriminell, geheim, mächtig und gierig zugleich, dazu streckt sie ihre Fühler in Politik und Wirtschaft, dann befinden wir uns schnell mal im Dunstkreis der Mafia. Eine gesunde Portion Misstrauen ist auch immer angebracht bei ideologischen Organisationen besonders wenn sie noch politisch agieren und gierig sind. Dazu zähle ich Sekten wie Scientology, religiöse Fundis, politisch Radikale, vom linken wie vom rechten Rand, Logen und Geheimbünde aller Couleur sowie Staat im Staat Organisationen die sich über jedes Recht hinwegsetzen. Du denkst ich rede hier von Stasi oder weit weg operierenden Terrorzellen? Weit gefehlt, P-
Nach all diesen Erkenntnissen geht’s zur Kernfrage; Wandeln sich Organisationen? Nein, das tun sie nicht. Der Chüngelizüchterverein wird sich nicht mit Schweinezucht befassen, die FIFA interessiert das Eiskunstlaufen nicht und der Jodlerchor wird kaum anfangen zu rappen. Im Kern bleiben Organisationen was sie sind auch wenn sie sich an veränderte Gegebenheiten durchaus anpassen können. Die grösste Form der Wandlung betrifft daher das Wachstum und die damit verbundene Einflussnahme. Die meisten Organisationen haben klein angefangen und sind an Zuwachs interessiert. Einige schaffen es und andere verschwinden wieder. Manchmal fusionieren sie und werden dadurch grösser, das kennt man sehr gut aus der Wirtschaft wo eine regelrechte Fusionitis herrscht. Fluggesellschaften, Banken, Pharma-
Wir sehen, institutionelle Organisationen sind im Kern nicht wandlungsfähig. Sie können es gar nicht sein, weil sie, bei zu viel Wandlung, ihren Grundgedanken verraten und dadurch ihre Existenz gefährden würden. Im Gegenteil, sie sind wandlungsresistent und bleiben ihren Grundsätzen treu, wie die Schweizergarde dem Papst. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass sogar der Papst plötzlich zu twittern beginnt und sich der hinterletzte Cervelat-
Andere Organisationen mögen genau so verknöchert sein und ideologisch festgefahren, aber sie sind zu mächtig und zu institutioniert als dass sich daran was ändern könnte. Da lautet das elfte Gebot schnell mal: Du sollst deine Organisation nicht hinterfragen. Das sind dann die dogmatisierten Organisationen und die scheuen Veränderung wie der Teufel das Weihwasser. Andere Konstrukte wiederum sind so gross geworden, dass sie sich kaum mehr bewegen können. Ist die UNO 1945 noch mit 50 Mitgliedstaaten gestartet, so sind es heute deren 193 und man muss schon lange suchen um einen Exoten zu finden, der nicht im Völkerbund untergekommen ist. Eine der Folgen dieser „Alles in einen Topf Mentalität" führt dazu, dass dieser Koloss kaum mehr handlungsfähig ist und sich, durch die eigenen Statuten, selber in die Rolle des passiven Zuschauers des Weltgeschehens stellt. Wenn Alle am selben Strick ziehen, fällt irgendwann Jeder auf seinen Allerwertesten. Für Balance braucht es immer Gewicht und Gegengewicht, sonst wird’s, trotz noblem Gedankengut, schnell mal fade und monoton. Grösse allein ist eben doch nicht alles…
Sei’s drum, am Ende der Message steht die Erkenntnis, dass du in einem Land lebst, das sehr Organisationenfreundlich gesinnt ist. Frag mal deine Zeitgenossen in Nordkorea oder in anderen, totalitär organisierten Staaten. Da gibt’s nicht nur Einkindpolitik sondern auch noch Einbahngehirnmassage obendrauf. Und weil du in einer, oft geringgeschätzten, Freiheit lebst, steht es dir auch weitestgehend frei, dich in jeder, halbwegs legalen, Organisation zu engagieren. Oder es eben auch bleiben zu lassen. Es ist dir ebenso erlaubt, kritisch deine Zugehörigkeit zu hinterfragen und gegebenenfalls zu überdenken. Die ganz Mutigen haben sogar die Möglichkeit selber eine Organisation ins Leben zu rufen, keiner zu klein Organisator zu sein, solange er gewillt ist, gewisse Grundregeln einzuhalten. Tolle Aussichten allenthalben und wissenswert, sich der eigenen Möglichkeiten bewusst zu sein. It’s up to you, wie so vieles im Leben und wer weiss, vielleicht stehst gerade du irgendwann an der Spitze einer Organisation. Wenn dann so ein Miesepeter meint motzen zu müssen „Das isch wieder ä Organisation", dann lächelst du ihn verständnisvoll an und sagst: „De mach’s doch besser…"