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Was Hänschen nicht lernt…

(Kaufmännischer Verband Bern, Blog zum Thema: Weiterbildung)


lernt heute halt der Hans. Und um gendertechnisch nicht im Abseits zu stehen gilt dasselbe, wenn aus Lieschen Lisa wird. Weiterbildung heisst das Zauberwort, das Dogma der aktuellen und zukünftigen Protagonisten des hart umkämpften Arbeitsmarktes. Erfahrung ist nett, Diplome sind besser und wer’s nicht glauben mag, soll sich mal Zeit und Musse nehmen, um aktuelle Stelleninserate gezielt nach den gewünschten Skills zu durchforsten. FH, Uni, Bachelor, Master und ohne endet‘s im Desaster.

Rückblende: Als ich vor 30 Jahren als Detailhandelsangestellter ins Berufs- und Lehrlingsleben trat, gab es gefühlte zwei Sorten von Lehrlingen: die Kaa-Vöueler und die Anderen. Unter den KV-Stiften wiederum gab es die Banken/Versicherungsstifte - und die Anderen. Am besten bei den Bankgesellen oder den Volksbänkler, Winterthur und KKB, ole oleee...! Wer eine solche Lehrstelle antreten konnte, befand sich schon nahe an der Schwelle zum beruflichen Olymp, die Cabiallavettas im Taschenformat; und hey, da bisch de Öpper gsi, potztuusig. Diese Zauberlehrlinge des Wirtschaftsbooms erkannte man schon damals gut in Berns Gassen. Pickelteenies im Businessanzug, Aktenköfferchen und Krawatte. Die haben mit ihren Nasen Furchen in die Lauben der Stadt gezogen und böse Zungen behaupten, dass man die noch sehen könne, wenn man nur lange genug hinauf schaut. However, das KV war lange der Steigbügel, der manch einem in den Sattel der beruflichen Karriere verhalf. Und heute?

The Times they are a-changin' erkannte nicht nur Bob Dylan schon in den Sechzigern, nein, auch die Berufswelt ist nicht darum herum gekommen. Wo einst dem KV-Stift Bewunderung und Zustimmung entgegen schwappten, erntet er heute vermehrt mentales Gähnen. „Jä soo, ds KV? Ja das isch doch immer no öppis solids, gäu.." Übersetzt heisst das: „Schon wieder so Eine/r, wohl zu doof fürs Gymi oder die IT Branche gewesen, hä? KV, sind das nicht die, die nach der Lehre keiner mehr will, weil zu Viele und zu teuer?" Vielleicht würde Goethe heute sinnieren: Nach IT drängt, an IT hängt doch alles… Ja, die Zeiten haben sich wirklich geändert, aber hey, kein Grund den Kopf in den Sand der Karrierewüste zu stecken. Es ist alles nur eine Frage der Perspektive und der entsprechenden Philosophie. Eine Leiter erklimmt man schliesslich auch Sprosse um Sprosse, variieren vermag dabei höchstens der individuelle Speed.

Du willst Autofahren? Brauchst du eine Prüfung. Du willst Lastwagen fahren? Mach die Prüfung. Du willst Motorrad fahren? Geht nicht ohne Prüfung. Vielleicht Schifffahren, Helikopter fliegen, oder ein Flugzeug steuern? Alles machbar, mit Prüfung, ohne geht gar nichts und genauso verhält es sich im Berufsleben. Was ist dann dein KV- und überhaupt jeder Lehrabschluss, der bestanden wurde, wert? Früher war’s der berufliche Autoführerschein, heute entspricht die LAP in etwa noch dem Töffliuswis. Jetzt  tuckerst du zwar motorisiert und geprüft durch die Berufslande, aber halt am unteren Rand der Kräfteskala. Macht nichts, du willst schliesslich bald mal Autofahren und dafür gehst du ja auch zum Fahrlehrer, bevor du dem Prüfungsexperten deine Fahrkünste vorführst. Du willst irgendwann ins Management? Nur zu, den Markom zum Beispiel, deinen nächsten beruflichen Mofaführerschein, kriegst du schon ab etwa Fr. 3‘000.-, kein Problem. So kann es weitergehen, aber, je anspruchsvoller das Vehikel, desto kostspieliger die Prüfung. Für Helikopter oder Flugbrevet ist man mit ungefähr Fr. 100‘000.- dabei, schon daran erkennt man, dass nicht Jeder und Jede Pilot/in werden kann und muss. Auch eine höhere schulische Laufbahn verschlingt mitunter enorme Summen, die sich auch nicht Jede/r leisten kann oder will. Nun ist diese Erkenntnis nicht des Pudels Kern, es geht vielmehr darum, dass du dir der Möglichkeiten bewusst wirst, welche dir die Weiterbildung bieten kann. Aber ebenso, was ein zukünftiger Arbeitgeber und ein adäquater Job schon allein für Voraussetzungen fordert.

Hintergründig betrachtet geht es im Makrokosmos der Weiterbildung auch nicht um die Bildung per se, sondern um deren Zertifizierung. All diese Zertifikate, Diplome und Urkunden sind deine Eintrittskarten in die gehobene Berufswelt. Ich könnte die Bibel auswendig lernen und alle Psalmen voller Innbrunst rezitieren, Pfarrer wäre ich trotzdem nicht. Autofahren könnten fast alle auch ohne Führerschein, nur interessiert das den freundlichen Polizisten nicht, der dich bei der Verkehrskontrolle nach dem „Lappen" fragt. Hast du keinen, gehst du schnell zu Fuss und wirst dabei hupend überholt, ist die Parabel angekommen?

Nun, der Bildungsinstitute und Fachrichtungen gibt es viele, es ist ein Megabusiness geworden und in erster Linie wollen die erst mal an dein Geld. Das ist zwar völlig legitim, dennoch, gerade weil es um viel Geld geht tummelt sich so manches schwarze Schaf auf den saftigen Wiesen der Weiterbildung. Drum prüfe wer sich schulisch bindet, ob sich nicht was Besseres findet… (Danke Schiller) Wer Benedict nicht ausschliesslich mit dem Hirten aus Rom assoziiert, hat sich vielleicht schon ein wenig kundig gemacht und das ist gut so. Egal welcher Schule du dereinst dein Geld und dein Vertrauen schenken magst, wichtig ist, dass du es machst und nicht stehen bleibst, dass du säest und irgendwann erntest. Dass du erkennst, dass von Nichts nun mal Nichts kommt und dass du im Rahmen deiner Möglichkeiten deine Chancen wahrnehmen kannst. Denn es wird immer ein Hänschen oder ein Lieschen geben, das noch fleissiger und lernbereiter war, um dir vor der beruflichen Sonne zu stehen.

Hui, heute war ich mal richtig lieb und weil dieser Blog vom KV für KV Lehrlinge gemacht ist, habe ich mir erlaubt, die Zielgruppe direkt und mit Du anzusprechen, es sei mir gestattet. Da ich alte Weisheit oft für zeitlose Weisheit halte, möchte ich diesen Blog mit einem Zitat Martin Luthers beenden, auf das ihr eure berufliche Zukunft bewusst und voll frohen Mutes anpacken möget. "Wer im zwanzigsten Jahr nicht schön, im dreißigsten nicht stark, im vierzigsten nicht klug, im fünfzigsten nicht reich ist, der darf danach nimmer mehr hoffen." In diesem Sinne, die Hoffnung ist mit euch liebe KV-Stifte, eine gute Zeit und auf bald...

 
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